BESCHREIBUNG
Schon das Spielmaterial ist ungewöhnlich: kein Würfel, kein Spielstein, keine
Karten. Das Spiel besteht im Wesentlichen aus dem Buch der Kriminalfälle.
Dort werden zehn Fälle geschildert, die der Meisterdetektiv im Handumdrehen
gelöst hat. Der Spieler wird dabei mehr Mühe haben…
Als Wegweiser zum Ziel, den Mörder zu fangen, dienen ein
Stadtplan von London, ein Londoner Adressbuch, ein Zeitungsarchiv und ein
Buch der Indizien.
Die einzelnen Fälle sind in Gesprächen von Sherlock Holmes mit seinen
Mitarbeitern, hier vor allem Dr. Watson, und betroffenen Personen dargestellt.
Aber sie können auch nur aus einem Hinweis bestehen, wie Fall drei: „Die toten
Löwen im Hyde Park“, 17. August 1888. Mit der ersten Morgenpost erhalten wir
folgende Nachricht: „17.August 1888. Liebe Freunde, lesen Sie die heutige
Times. Sie werden etwas Interessantes finden. Rücksprache folgt. Holmes.“
Das ist alles. Der Spieler hat nun im Zeitungsarchiv nachzusehen, was eigentlich
vorgefallen ist. Aus dem Titel kann er ersehen, dass es sich um Löwen handeln
muss. Das weitere wird sich finden. Nun ist aber das Zeitungsarchiv so
aufgebaut, dass auf der Times-Seite vom 17. August 1988 auch wichtige
Mitteilungen zu späteren Fällen stehen können und nicht nur die Geschichte
der Löwen im Hyde Park darauf zu finden ist. Es empfiehlt sich also, nicht
nur das den gerade zu lösenden Fall Betreffende im Gedächtnis zu behalten,
sondern auch scheinbare Nebensächlichkeiten. Sie können für folgende Aufgaben
große Bedeutung erlangen.
Die Zeitung ist ein wichtiges Hilfsmittel, von dem Holmes sagt: „Die Presse,
Watson, ist eine sehr nützliche Einrichtung, wenn man sie richtig zu gebrauchen
versteht.“ Von ähnlicher, wenn nicht gar von größerer Bedeutung ist das Buch
der Indizien. Dort sind Mitteilungen vermerkt, die sich nicht für eine
Zeitungsmeldung eignen. In dem Heft kann nachgelesen werden, was die Personen,
die verdächtig sind, so alles getrieben haben. Wenn also in dem Buch unter
Wohnungsangabe 18 SE steht: „Der Gemeindepfarrer von St. Anthony besucht gerade
eine kranke Mrs. Kehoe. Da Mr. Kehoe nicht zu Hause ist, kommt er auf unser
Klopfen an die Tür. Im Verlauf unserer kurzen Unterhaltung mit ihm erfahren
wir, dass die Kehoes sehr rege an kirchlichen Aktivitäten teilnehmen.
Eine solche, ein Wohltätigkeitsball, fand am Freitag, dem 9. März, abends
statt“, dann kann daraus gefolgert werden, dass Mr. Kehoe für die Tatzeit
Freitag 18.00 Uhr ein Alibi hat.
Die meisten der Fälle sind natürlich Kapitalverbrechen, in erster Linie Mord.
Manchmal deutet schon der Titel der Story darauf hin, wie „Der erschossene
Waffenfabrikant“, „Die Themse-Morde“ oder „Der inszenierte Mord“. Auch
„Das unzeitige Ende des Bankbeamten“ deutet auf eine Bluttat hin. Doch es
sind auch Fälle als Aufgabe gestellt, bei denen es nicht um Leib und Leben,
sondern um wertvollen Besitz geht: „Die gestohlenen Gemälde“. Dass dies kein
gewöhnlicher Kunstraub ist, dürfte klar sein. Gerade diese Geschichte entbehrt
nicht eines gewissen Witzes, der vielen der Fälle anhängt, und ihre
überraschende Lösung hat Aktualität bis heute.
Weil bei der Lösung der Fälle größte Genauigkeit vonnöten ist – jedes Wort
in Zeitungsmeldungen oder im Buch der Indizien muss auf die Goldwaage gelegt
werden – erfordert das Spiel in der Gruppe Konzentration. Das klare
logische Denken, das Sezieren eines Falles, gelingt jedoch leichter in der
Einsamkeit, ohne die Ablenkung durch die Einwürfe der Mitspieler. Spaß an den
verzwickten Verbrechen, die oft ganz harmlos beginnen, hat nur ein Liebhaber
von Denkspielen und Kriminalfällen. Er muss das Gespür für Besonderheiten
haben, denn der naheliegende Weg führt fast immer in die Sackgasse. Bei dem
Puzzle mit den Informationen ist oft nicht die Hauptperson, die vermeintliche,
wichtig, sondern der kleine Mann im Hintergrund.
Quelle:
https://www.spiel-des-jahres.de/spiele/sherlock-holmes-criminal-cabinet/